Früharthrose rechtzeitig vermeiden

3. ATOS Schloss-Kongress: neue Studie zu minimalinvasiver Knorpelzelltransplantation

Früharthrose rechtzeitig vermeiden

Christopher Fischer

Heidelberg, 11. Oktober 2012. Jung und schon Arthrose? Das ist gar nicht so selten: Mehr als 50 Prozent der über 30-Jährigen haben Probleme mit dem Verschleiß der Gelenke. Tendenz steigend. Die minimalinvasive Knorpelzelltransplantation mit Sphäroiden eignet sich besonders für die Behandlung jüngerer Patienten und verspricht gute Erfolge. Das belegt eine neue langjährige Studie zu Knorpelschäden am Kniegelenk, die auf dem 3. ATOS Schloss-Kongress vom 11. bis 13. Oktober präsentiert wird. Auf die neue Behandlungsmethode setzt auch der Eishockeyspieler Christopher Fischer von den „Grizzly Adams“ EHC Wolfsburg, dessen OP live aus der Klinik auf den Kongress übertragen wird.

Ob durch starke Belastungen, Meniskus- oder Kreuzbandverletzungen, Fehlstellungen wie X- oder O-Beine oder Unfälle ­ es gibt zahlreiche Ursachen, die den Knorpelverschleiß in den Gelenken in jungen Jahren beschleunigen können. Schmerzen, Belastungsunfähigkeit bis hin zu schwerer Arthrose sind die Folge geschädigten Knorpelgewebes. Eine neue Studie mit Patienten, die sich einer minimalinvasiven Knorpelzelltransplantation mit Sphäroiden am Kniegelenk unterzogen haben, macht vor allem jüngeren Betroffenen Hoffnung auf Heilung: 85 Prozent der Studienteilnehmer waren mit dem Ergebnis der Transplantation zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Viele sind im Alltag schmerzfrei und können wieder weitgehend uneingeschränkt knieschonende Sportarten treiben. Sie profitieren von einer deutlich gesteigerten Lebensqualität.

In vielen Fällen wurde eine Früharthrose vermieden. „Teilweise war das transplantierte Knorpelgewebe sogar in einem besseren Zustand als das des anderen, gesunden Knies“, sagt Privatdozent Dr. Rainer Siebold, Orthopäde und Unfallchirurg am Zentrum für Hüft-, Knie- und Fußchirurgie, Sporttraumatologie in der ATOS Klinik Heidelberg.

Besonders gute Vergleichbarkeit
Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg hat der Spezialist für Kniechirurgie und Sportverletzungen 30 Patienten zwischen 2006 und 2010 untersucht. „Das Besondere: Alle Teilnehmer hatten ausschließlich Knorpelschäden und keinerlei zusätzliche Knieerkrankungen. Deshalb konnten wir die Ergebnisse eindeutig auf die OP-Methode zurückführen“, erläutert Dr. Siebold. Die durchschnittlich 38 Jahre alten Studienteilnehmer litten vor dem Eingriff vor allem unter Schmerzen, Schwellungen sowie Belastungs- und Sportunfähigkeit. Der Knorpeldefekt war durchschnittlich 5,7 Quadratzentimeter groß.

Bei der Nachuntersuchung, die sich je nach Patient über einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren erstreckte, begutachteten die Wissenschaftler bei beiden Kniegelenken den Knorpelzustand. In der ATOS Klinik wurden mit Hilfe von Score-Werten einzelne Funktionen wie Kraft und Beweglichkeit des Gelenks sowie das Befinden der Patienten mit international üblichen Knie-Fragebögen beurteilt. Im DKFZ bewerteten die Wissenschaftler die Knorpelregeneration im transplantierten Bereich und am gesunden Knie mit Hilfe spezieller, hochauflösender Kernspinaufnahmen. Eine zusätzliche Spezialauswertung der Bilder erlaubte außerdem eine genaue Aussage über die Qualität des Ersatzknorpels.

Eishockeyprofi Fischer unterzieht sich Knorpelzelltransplantation
Die vielversprechenden Ergebnisse der Studie überzeugten auch Christopher Fischer, Eishockeyprofi beim EHC Wolfsburg. Wie viele Leistungssportler, deren Gelenke intensiven Belastungen ausgesetzt sind, ist sein Knorpelgewebe im Knie angegriffen. Seine Beschwerden begannen im Mai 2012 während der Weltmeisterschaft in Schweden. Die Knie schwollen dick an, Schmerzen traten auf. Der Leistungssportler konsultierte mehrere Ärzte, die unterschiedliche Therapien vorschlugen. Er entschied sich für die minimalinvasive Knorpelzelltransplantation. „Das Verfahren verspricht den größten Erfolg“, sagt der 24-Jährige Profisportler. Zwar werde er die ganze Saison ausfallen, aber er denke langfristig: „Ich bin noch jung und möchte noch gut zehn Jahre spielen. Deshalb ziehe ich eine Behandlung, die längerfristig Erfolg verspricht, vor. Dafür nehme ich eine längere Genesung in Kauf.“

Die jüngste Generation der ACT
Bei der autologen Chondrozyten(Knorpelzell)-transplantation (ACT) werden isolierte körpereigene Knorpelzellen in den defekten Bereich transplantiert. Dazu entnimmt der Chirurg in einer ersten Operation aus einem wenig belasteten Bereich des Gelenks ein kleines Knorpelstück. Dieses nutzt er, um Knorpelzellen zu züchten. Die jüngste, die 3. Generation der ACT, arbeitet mit sogenannten Sphäroiden ­ das sind dreidimensionale Kügelchen aus Knorpelgewebe mit einem Durchmesser von einem halben Millimeter. Die entnommenen Knorpelzellen werden so dicht in ein kleines Gefäß gepackt, dass sie Kontakt zueinander aufnehmen und sich dreidimensional anordnen. Jedes Sphäroid enthält etwa 200.000 Knorpelzellen.

Rund sechs Wochen nach der Entnahme bringt der Chirurg die gezüchteten Zellen bei einer zweiten Operation in den Knorpeldefekt ein. Sphäroide haben den Vorteil, dass sie sehr schnell am Knochenboden haften. Sie produzieren solange weiter verbindende Proteine, bis der Defekt zugewachsen ist. War es bisher notwendig, für dieses technisch aufwendige Verfahren das Kniegelenk großflächig zu öffnen, lässt sich die Behandlung jetzt durch arthroskopische Operationsverfahren auch minimalinvasiv durchführen. Narben sind kaum sichtbar.

Leichter Sport nach sechs Wochen
Zu den Reha-Maßnahmen gehören regelmäßige Physiotherapie und eine motorgetriebene Bewegungsschiene (CPM) für Zuhause. Durch die Bewegungsbehandlung entsteht ein hyalinartiges Knorpelgewebe, das dem ursprünglichen gesunden Knorpel ähnelt. „Jedoch muss jedem Patienten klar sein, dass es sich um eine ‚Reparatur‘ des Knorpels handelt und dass dieser Ersatzknorpel weniger belastbar ist“, betont Dr. Siebold. Nach etwa sechs Wochen kann sich der Patient wieder frei bewegen und Radfahren sowie Schwimmen. Joggen ist frühestens nach etwa sechs Monaten sinnvoll, Stop-and-Go-Sportarten wie Fußball, Tennis oder Hallensport nicht vor einem Jahr nach der Behandlung. Nach der Genesung ist es ratsam, die sportliche Belastung dem behandelten Schaden anzupassen. „Nicht mehr jede Sportart ist jetzt sinnvoll“, rät Dr. Siebold.

Das Verfahren eignet sich vor allem für jüngere Patienten unter 50 Jahren. „Bei ihnen regeneriert sich der Knorpel am besten“, erklärt Dr. Siebold. Auch sollte noch keine ausgesprochene Arthrose vorliegen und Vorerkrankungen sowie Begleitschäden oder Bein-Achs-Fehlstellungen, die zum Knorpeldefekt geführt haben, müssen behoben werden. Eishockeyprofi Fischer will nach der Behandlung seine Knie vor allem durch eine gute trainierte Oberschenkelmuskulatur fit halten: „Intakte und stabile Oberschenkelmuskeln sind das A und O für die Knie.“

Die Studienergebnisse werden in Kürze in international anerkannten Fachzeitschriften veröffentlicht.

Über Priv.-Doz. Dr. Rainer Siebold
Der in der Focus-Ärzteliste mehrfach empfohlene Kniespezialist Priv.-Doz. Dr. Rainer Siebold praktiziert am Zentrum für Hüft-, Knie- und Fußchirurgie, Sporttraumatologie der ATOS Klinik Heidelberg und führt jährlich circa 800 bis 900 Eingriffe am Meniskus, am Knorpel und an Kniebändern durch. Dr. Siebold beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit der rekonstruierten Kniechirurgie, ist Lehrkörper an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg und Vorsitzender des Arthroskopie-Komitees der Europäischen Gesellschaft für Arthroskopie, Sporttaumatologie und Kniechirurgie.

Gemeinsam mit seinen Kollegen Professor Hans Pässler, Professor Hajo Thermann und Priv.-Doz. Dr. Fritz Thorey veranstaltet er vom 11. bis 13. Oktober 2012 zum dritten Mal den Internationalen ATOS Schlosskongress in Heidelberg zu aktuellen Themen rund um das Hüft- und Kniegelenk. Die Teilnehmer, darunter international bekannte Knie- und Hüftspezialisten, kommen aus mehr als 20 Ländern.

Bildrechte: City-Press

Über die ATOS Kliniken
Verschiedene Facharztpraxen mit ausgewiesenen Spezialisten unter einem Dach – das kennzeichnet die ATOS Kliniken in Heidelberg und München. Die Praxen bieten sowohl ambulante als auch stationäre Behandlungen an. Der Schwerpunkt der beiden Privatkliniken liegt auf der Orthopädie: Ob Schulter, Knie, Hand, Hüfte oder Wirbelsäule – die Ärzte bei ATOS sind alle Experten auf ihrem Gebiet. Aber auch andere Fachbereiche wie die Innere Medizin oder die Dermatologie umfasst das Leistungsspektrum der Kliniken. Neben einer erstklassigen medizinischen Versorgung liegt den ATOS-Medizinern die schnelle Genesung ihrer Patienten ebenso am Herzen wie ein umfassender Service und ein Höchstmaß an Komfort. Die Klinik betreut nicht nur Privatpatienten, sondern nimmt gegen Zuzahlung auch gesetzlich Versicherte auf.

Die ATOS Klinik Heidelberg mit über 70 Betten für den stationären Aufenthalt besteht seit 1991 und ist einer der ersten Praxisklinikverbünde Deutschlands. In 19 Praxen betreuten 2011 insgesamt 47 Ärzte und 180 Mitarbeiter rund 3.500 stationäre Patienten.

In der ATOS Klinik München, gegründet im Jahr 2009, mit 36 Betten gibt es 14 Praxen. Hier setzen sich insgesamt 20 Ärzte sowie 66 Mitarbeiter für das Wohl der Patienten ein. Die Zahl der stationären Behandlungen im Jahr 2011 lag bei über 1.700.

Kontakt:
ATOS Klinik
Rebecca Mrosek
Bismarckstr. 9-15
69115 Heidelberg
0621/963600-23
info@atos.de
http://www.atos.de

Pressekontakt:
Publik. Agentur für Kommunikation GmbH
Dr. Eva Pinter
Rheinuferstraße 9
67061 Ludwigshafen
0621/963600-23
e.pinter@agentur-publik.de
http://www.agentur-publik.de