Hilfe bei chronischem Tinnitus – ohne Chemie

Ergebnisse einer klinischen Anwendungsbeobachtung mit dem „tailor-made-notched-music“ Verfahren

Was haben Phil Collins, Keanu Reeves und Barbara Streisand mit Ludwig van Beethoven und Friedrich Smetana gemeinsam? Richtig: sie alle leiden oder litten unter quälenden Ohrengeräuschen, dem Tinnitus.

Epidemiologie und Definition des Tinnitus

Doch es sind beileibe nicht nur Prominente, die unter Tinnitus zu leiden haben: eine telefonische Umfrage unter 3.000 Personen kam zu dem Ergebnis, dass bereits jeder vierte schon einmal unter Ohrengeräuschen gelitten hatte oder immer noch litt. Ein Drittel der Betroffenen (also rund 8% der Befragten) gab an, durch Tinnitus schwer beeinträchtigt zu sein. Absolut betrachtet bedeutet dies, dass es in der Bundesrepublik rund 20 Millionen Tinnitus-Patienten gibt, von denen ca. 7 Millionen schwer betroffen sind [2].

Als „Tinnitus“ (lat.: tinnire, klingeln, klimpern) bezeichnet man akustische Wahrnehmungen jedweder Genese, die nur vom Patienten gehört werden und keine objektivierbare Quelle besitzen.

Was rät die Schulmedizin?

Die schulmedizinischen Empfehlungen basieren auf den „Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften e.V.“

Sie entfalten eine medico-legale Bindungswirkung und sollten unbedingt beachtet werden, um Nachteile im Falle einer juristischen Auseinandersetzung zu vermeiden [3].

Beim Tinnitus dringen die Leitlinien zunächst auf eine gründliche oto-neurologische und internistische Abklärung des Patienten. Dies ist sinnvoll, da -zwar selten- aber doch immer wieder körperliche und damit ursächlich behandelbare Tinnitus-Ursachen aufgedeckt werden können.

Findet eine gründliche Untersuchung einschließlich bildgebender Verfahren (MRT des Gehirnschädels) keine Erklärung für das Ohrengeräusch, spricht man von einem „idiopathischen Tinnitus“: ein euphemistischer Begriff für die Tatsache, dass die Schulmedizin an dieser Stelle nicht mehr weiter weiß.

Liegt der Beginn der Beschwerden noch nicht länger als drei Monate zurück (akuter Tinnitus) soll eine Kortison-Stoßtherapie (je 250 mg Prednisolon i.v. an drei aufeinander folgenden Tagen) erfolgen. Bei ausbleibender Besserung werden dann entweder die direkte Kortison-Instillation in die Paukenhöhle oder eine Sauerstoff-Überdrucktherapie empfohlen.

Dauern die Beschwerden trotz Leitlinien gerechter Therapie länger als drei Monate an, spricht man von einem chronischen Tinnitus. Dieser gilt in der Wahrnehmung der Schulmedizin als unheilbar. Besteht kein oder nur geringer Leidensdruck („kompensierter Tinnitus“) soll laut Leitlinie keine Behandlung mehr erfolgen. Bei hohem Leidensdruck und Vorliegen von Sekundär-Symptomen (zum Beispiel Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit, Depressivität oder sogar Suizidalität) empfehlen die Leitlinien eine symptomatische Therapie der Sekundär-Symptome.

In der Praxis bedeutet dies, dass der chronisch dekompensierte Tinnitus-Patient einer Dauertherapie mit nebenwirkungsträchtigen Pharmaka wie Schlafmitteln, Beruhigungsmitteln und Antidepressiva ausgesetzt wird.

Gibt es Alternativen zur Chemie?

Daueranwendung von Chemikalien kann jedoch unmöglich das Ziel einer ganzheitlichen, menschlich mitfühlenden und naturheilkundlich orientierten Therapie sein. Insoweit hat es immer wieder Versuche gegeben, Tinnitus-Patienten auf sanftem Wege Linderung zuteil werden zu lassen. Der Autor selbst konnte 2014 in einer Anwendungsbeobachtung zeigen, dass auch nicht-pharmakologische Therapieansätze sehr wohl geeignet sind, eine statistisch signifikante Besserung bei chronisch dekompensiertem Tinnitus zu erzielen [4]. Gemessen an einem Fragebogen-Inventar [5] konnte mit der Spin Matrix Therapie immerhin eine durchschnittliche Reduktion der Tinnitus-Intensität von etwa 17% erreicht werden. Allerdings blieb der Tinnitus bei beachtlichen 38% der Patienten unverändert oder wurde sogar als schlimmer empfunden.

Ein neues, nicht pharmakologisches Therapieverfahren bei chronisch dekompensiertem Tinnitus wurde von Audiologen der HNO-Universitätsklinik Münster um Christo Pantev entwickelt: bei der „tailor-made-notched-music“ (TMNM) hören Tinnitus-Patienten Musik, die durch die eigene Tinnitus-Frequenz und -Lautheit moduliert wird. Dadurch konnten schon nach kurzer Zeit Tinnitusinhibitorische Effekte beobachtet werden [6].

Auf der Basis dieser Studie entwickelte die Schweizer Firma Resaphene das Tinnitus-Therapiegerät „tinniwell“[7]. Im Folgenden soll über die Ergebnisse einer Anwendungsbeobachtung des Gerätes bei Patienten mit chronisch dekompensiertem Tinnitus berichtet werden.

Das Tinnitus-Therapie-Gerät „tinniwell“

Im Prinzip besteht das „tinniwell“ aus einem MP3-Player, der jedoch mit speziellen Funktionen versehen ist: über einen Aktiv-Kopfhörer mit Vertäubungsvorrichtung kann der Tinnitus-Patient sehr präzise sein Ohrengeräusch im Hinblick auf Charakter (Ton oder Rauschen), Frequenz (Tonhöhe) und Lautheit einprogrammieren.

Die Musikdateien enthalten ruhige und entspannende Musik („Am Meer“, „Visionen“, „Indian Summer“). Der individuell einprogrammierte Tinnitus moduliert die gehörte Musik auf dreierlei Weise: „Ausblendung“, „Gegentakt“ und „Überlagerung“. Der Patient wählt die ihm angenehme Art der Modulation, die jederzeit gewechselt werden kann. Die Therapie erfolgt über spezielle Therapiekopfhörer mit integrierter, individuell regelbarer Heizung. Die sanfte Erwärmung steuert über eine Stimulation des Nervus vagus einen angenehmen Entspannungseffekt bei. Der Patient soll sich täglich mindestens 30 Minuten behandeln, eine Zeituhr ist in das Geräte-Display integriert.

Die Studienteilnehmer

In der Zeit von Oktober 2016 bis Juli 2017 wurden in der HNO-Facharztpraxis des Autors alle Patienten mit chronisch dekompensiertem Tinnitus über das „tinniwell“ Therapie-Gerät informiert und zur Teilnahme an der Anwendungsbeobachtung eingeladen. Alle Patienten unterzogen sich einer oto-neurologischen Untersuchung mit Ohrmikroskopie, Tonschwellenaudiometrie, Videonystagmografie, orientierender klinisch-neurologischer Untersuchung und Magnetresonanz-Tomografie des Gehirnschädels.

Ausschlußkriterien waren die Aufdeckung einer organischen Tinnitus-Ursache („symptomatischer Tinnitus“) und die Nichteinwilligung zur Teilnahme an der Studie.

Insgesamt wurden dreißig Patientinnen und Patienten rekrutiert. Ein Studienteilnehmer brach die Studie ohne Angabe von Gründen nach zwei Wochen ab. Somit konnten 29 Studienteilnehmer ausgewertet werden.

Der älteste Studienteilnehmer war 72, der jüngste 17 Jahre alt. 14 Teilnehmer waren männlich, 15 weiblich.

Der Studienablauf

Jeder Studienteilnehmer wurde zu Beginn der „tinniwell“-Therapie anhand des Tinnitus-Mini-Questionnaire nach Göbel und Hiller [5] befragt und der Tinnitus-Schweregrad (Score) ermittelt. Bei sieben Patienten konnte zudem der psychovegetative Anspannungsgrad mit Hilfe der Herzraten-Variabilitäts-Methode (HRV) ermittelt werden. Die Auswahl dieser sieben Patienten war zufällig und hing von der Verfügbarkeit des Untersuchungsgerätes ab. Näheres zur HRV findet sich in [8]. Anschließend wurden die Patienten in die Handhabung des „tinniwell“ Gerätes eingewiesen.

Die Teilnehmer wurden angehalten, in den folgenden vier Wochen das „tinniwell“ Therapie-Gerät täglich mindestens 30 Minuten zu benutzen. Eine darüber hinaus gehende Therapiedauer war ausdrücklich erwünscht. Leichte Tätigkeiten wie Lesen, Spazierengehen, leichte Haus- oder Gartenarbeit waren während der therapeutischen Anwendung gestattet.

Nach vier bis sechs Wochen wurde der Tinnitus Score erneut ermittelt und gegebenenfalls eine erneute HRV Messung durchgeführt. Außerdem wurden die Teilnehmer zu den Kriterien „Bedienungsfreundlichkeit“, „Empfehlungsgrad“, „Musikpräferenz“ und „Therapiemodus“ befragt.

Ergebnisse

Im Gegensatz zu einer früheren Untersuchung des Autors [4] wurde bei allen Patienten eine mehr oder weniger deutliche Besserung der Tinnitus-Wahrnehmung (gemessen am Fragebogen-Score) beobachtet. Bei keinem einzigen Teilnehmer trat eine Verschlechterung ein. Eine Patientin verlor ihren Tinnitus vollständig.

Der durchschnittliche Tinnitus-Score (maximal erreichbarer Wert: 24 Punkte) fiel von initial 15,5 Punkten auf 7,3 Punkte.

Dies entspricht einem Rückgang von einem durchschnittlich mittelschweren Tinnitus auf einen leichten Tinnitus.

In Prozentzahlen ausgedrückt ging der Tinnitus durchschnittlich um 52,9% zurück. Die Ergebnisse schwankten zwischen einem Rückgang um 100% (vollständiges Verschwinden) und 20% Besserung..

Bedienungsfreundlichkeit: gemessen an den Kriterien „einfach“ – „schwierig“ – „zu kompliziert“ schätzten zwei Teilnehmer (6,9%) die Bedienung als „schwierig“ ein. Alle übrigen fanden die Bedienung „einfach“, niemand „zu kompliziert“.

Empfehlungsgrad: hier lauteten die Kriterien „unbedingt empfehlenswert/empfehlenswert“ – „bedingt empfehlenswert“ – „weniger empfehlenswert“ – „nicht empfehlenswert“. 58% der Teilnehmer hielten „tinniwell“ für „unbedingt empfehlenswert“ oder „empfehlenswert“. 30% votierten für „bedingt empfehlenswert“ und 12% für „weniger empfehlenswert“. Das Kriterium „nicht empfehlenswert“ wurde von keinem Teilnehmer optiert.

Behandlungsmodus: hier standen „Ausblendung“, „Gegentakt“ und „Überlagerung“ zur Wahl. 81% der Teilnehmer behandelten sich ganz überwiegend im Modus „Ausblendung“, 11% wählten „Gegentakt“, 8% „Überlagerung“.

Musikpräferenz: Im Lieferumfang des Gerätes sind drei Melodien: „Am Meer“, „Indian Summer“ und „Visionen“ enthalten. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, auch eigene Musik ins „tinniwell“ zu laden. Auch solche Melodien werden dann im Sinne des TMNM-Prinzips moduliert. Allerdings machte im Rahmen dieser Anwendungsbeobachtung nur ein ein Patient davon Gebrauch.

42% bevorzugten „Am Meer“, 35% „Indian Summer“ und 23% „Visionen“.

Ergebnisse der Messung der Herzratenvariabilität (HRV):

Bei sieben Teilnehmern konnte zu Therapiebeginn und nach vier Wochen eine HRV-Messung durchgeführt werden. Dabei wurden die Parameter „Stress-Index“, „Energiereserve“, „psycho-emotionaler Zustand“ und „biologisches Alter“ analysiert. Nach vierwöchiger „tinniwell“ Behandlung war der „Stress-Index“ durchschnittlich um 45,6% gesunken. Die „Energiereserve“ war um durchschnittlich 15,5% gestiegen, der „psycho-emotionale Zustand“ hatte sich um 22,5% verbessert und das „biologische Alter“ war um 6,3 (13,1%) Jahre gesunken.

Fazit

Die in den „Leitlinien“ getroffene Feststellung, ein chronisch dekompensierter Tinnitus sei allenfalls durch eine medikamentöse Dauerbehandlung psychischer Sekundär-Symptome beeinflussbar, muss mindestens neu diskutiert, wenn nicht revidiert werden. Die Ergebnisse dieser Anwendungsbeobachtung legen den Schluß nahe, dass nicht-medikamentöse Therapieansätze gute Ergebnisse erzielen können – ohne unerwünschte Nebenwirkungen.

Die Resultate der HRV Messungen zeigen, dass das TMNM Verfahren keineswegs ausschließlich lokale Effekte auf das Leitsymptom „Tinnitus“ entfaltet; vielmehr geht mit der „tinniwell“ Behandlung eine ganzheitliche, harmonisierende Regulationswirkung auf den Gesamtorganismus einher.

Diese Anwendungsbeobachtung stellt einen ersten Schritt dar, der berechtigten Anlass zu Hoffnung für viele Tinnitus geplagte Menschen gibt. Um den Evidenz-Grad des TMNM Verfahrens zu erhöhen, ist nun eine umfangreiche doppelblindplacebo kontrollierte Studie an einem großen Universitäts-Klinikum vorgesehen. Auf das Ergebnis dürfen wir gespannt sein.

Doch schon jetzt kann Tinnitus wirksam gelindert werden – ohne Chemie.

HF-Literatur:

1. Schweizer Illustrierte, Ausgabe vom 01.Juni (2010)

2. Siedentop H, Kirchhoff D, Rychlik R: Tinnitus in der Bundesrepublik Deutschland. Abschlussbericht Mai 1999. Institut für Empirische Gesundheitsökonomie Burscheid (1999)

3. www.awmf.org (2017)

4. Ebbers,J.: Spin Matrix Therapie bei Tinnitus. Eine Anwendungsbeobachtung aus der Praxis Co`Med Fachmagazin (2014) 5: (62-65)

5. Göbel, G., Hiller, W.: Tinnitus-Fragebogen (TF). Ein Insrument zur Erfassung von Belastung und Schweregrad bei Tinnitus, Handanweisung. Hogrefe Verlag, Göttingen, (1998)

6. Pantev, C., H.Okamoto, H.Teismann: Tinnitus: the dark side of the auditory cortex plasticity. Ann N Y Acad Sci. (2012) 1252: (253-258)

7. Tinniwell www.tinniwell.de (2017)

8. Lohninger, A: Herzratenvariabilität. Das HRV Praxislehrbuch. Facultas Verlag, Wien, Austria (2017)

Dr. med. Johannes Ebbers ist Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde mit den Zusatzbezeichnungen „Naturheilverfahren“, „Akupunktur“ und „Homöopathie“. Sein wissenschaftliches Interesse gilt der nicht stofflichen Informationsübertragung in biologischen Systemen durch Skalarwellen. Seine Ideen, Vorstellungen und Forschungsergebnisse sind in zahlreichen Vorträgen, Fachartikeln, Büchern und Buchbeiträgen dokumentiert .

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